Digitalisierung braucht politischen Rahmen

Politik, Mittelstand und Gewerkschaft diskutieren in Sonthofen über künstliche Intelligenz und Arbeitsplätze

Die rasante Entwicklung von Digitalisierung und künstlicher Intelligenz (KI) bereitet vielen Bürgern Sorge. Zahlreiche Arbeitsplätze sind bedroht. Rund acht Millionen Berufstätige in Deutschland müssen damit rechnen, dass ihnen KI zunehmend mehr Arbeit abnimmt.

Unter Leitung der Moderatorin Vera Huschka (SPD Immenstadt) diskutierten beim jüngsten „Oberallgäu-Forum – SPD im Dialog“ der Landtagsabgeordnete Christian Flisek (SPD), Carlos Gil, 2. Bevollmächtigter der IG Metall Allgäu und Francois Hauviller, Leiter des Kreisverbandes Bodenseekreis im Bundesverband mittelständische Wirtschaft über die Folgen dieser technischen Revolution und die Frage „Macht Digitalisierung arbeitslos?“

Die Digitalisierung von Arbeitsabläufen betrifft ausgesprochen viele Berufsfelder. IG-Metall-Vertreter Gil nannte Zahlen: rund 54 % der Tätigkeiten von Fachkraftberufen können potenziell von Computern oder rechnergesteuerten Maschinen übernommen werden, bei den Spezialistenberufen sind es 40% und selbst bei den Expertenberufen rechnen Fachleute mit einem Anteil von 24%.

SPD-Forum September 2019
Von links: Christian Flisek, Vera Huschka, Francois Hauviller, Carlos Gil

Auch Flisek sprach über den enormen Arbeitsplatzabbau in Bereichen wie Logistik, Lagerwirtschaft, Verkehr aber auch bei Banken/Finanzdienstleistern, Versicherungen, Online-Handel oder auch Steuerberatern, die standardisierte Produkte anbieten. Und er mahnte politisch gesetzte Rahmenbedingungen an. Die Plattformökonomie von Internetriesen wie Apple, Facebook, Google oder Amazon führe zu ungeheurer Machtkonzentration - auch zu Lasten der Sozialversicherungssysteme und Steuereinnahmen. Angst sei in der Debatte jedoch ein denkbar schlechter Ratgeber. Flisek warnte vor einer Spaltung der Gesellschaft in Nutznießer und jene, die sich unabhängig von Altersgruppe, Geschlecht oder Gesellschaftsschicht von der Entwicklung überrollt und ausgegrenzt fühlen.

Mittelstandsvertreter Hauviller verwies darauf, dass dank Digitalisierung und KI auch sehr viele neue Arbeitsplätze entstehen werden. Wichtig seien in diesem Zusammenhang keine Bedrohungsszenarien, sondern Weiterbildung und Umschulung, um die Betroffenen auf diesen Wandel einzustellen. Mit Blick in den Saal beklagte er das geringe Interesse junger Leute an der Veranstaltung, in der es ja um deren Zukunft gehe.

Umso intensiver diskutierten die anwesenden – meist älteren - Zuhörer mit den Referenten über ihre Sorgen rund um das Thema, den unkritischen Umgang junger Menschen mit ihren Daten in den sozialen Medien, was bei späteren Bewerbungen zu Nachteilen führen könne und die Gefahren für die immer größer werdende Distanz zwischen Jung und Alt durch die rasant schnelle Entwicklung der neuen Techniken.

Text: Matthias Klawonn
Foto: Susanne Hofmann